


Graffiti als Lesesozialisation
"Graffiti" und "Lesesozialisation" – Was diese beiden Begriffe miteinander zu tun haben, ist nicht unbedingt auf den ersten Blick verständlich. Dazu müssen sie erst einmal einzeln betrachtet werden.
Graffiti sind Symbole, Buchstaben oder Sprachzeichen, die von Hand in Wände oder andere Gegenstände gekratzt, gemalt oder gesprüht werden. Sie sind Unikate, individuelle Spuren, die Sprayer in der Stadt hinterlassen.
Lesesozialisation bedeutet, sich die Kompetenz zum Umgang mit Schriftlichkeit in unterschiedlichen Medienangeboten anzueignen. Dieser Aneignungprozess endet nie. Es werden dabei Kommunikationsinteressen und kulturelle Haltungen erworben, die es ermöglichen, am sozialen Leben einer Gesellschaft teilzuhaben. Mit dieser Bedeutung ist verbunden, dass jeder Mensch im Rahmen der Sozialisation seine Persönlichkeit entwickelt, indem er sich nicht nur mit seinen körperlichen und psychischen Anlagen auseinandersetzt, sondern auch mit dem, was in seiner Umwelt passiert.
Graffiti als Lesesozialisation bedeutet also Folgendes: Das Lesen von Graffiti kann dem Menschen dabei helfen, seine Persönlichkeit zu entwickeln, da Graffiti ein Teil seiner Umwelt sind. Sie regen zum Nachdenken an und informieren über Missstände und Fragen der Gesellschaft und können so die Einstellungen und das Verhalten von Menschen beinflussen. Der Prozess der Lesesozialisation läuft über Graffiti unterbewusst und nebenbei ab. Das gilt auch für das künstlerische Schaffen von Graffiti. Denn beim Sprayen setzt der Sprayer sich mit dem Thema geistig auseinander.
Es ist schwierig sich der Lesesozialisation über Graffiti zu entziehen: In der Stadt trifft man immer wieder auf Graffiti, ohne sie bewusst zu suchen und als Sozialisationsfaktor wahrzunehmen.